OE (17.05.2005) Bericht über das Hammerwurf-Meeting in Fränkisch-Crumbach:

Betty Heidler setzt das Glanzlicht
Leichtathletik: Drei Frauen übertreffen beim Hammerwurf-Meeting in Fränkisch-Crumbach schon die geforderte Norm

 
Michael Deyhle blieb ganz ruhig vor dem Athletenzelt sitzen. Dabei hatte Kathrin Klaas gerade als erst vierte deutsche Hammerwerferin die 70-Meter-Marke übertroffen. Scheinbar aber nicht die Erwartungen des Bundestrainers: „Es war klar, dass sie das werfen kann. Dass es so früh in der Saison klappt, ist allerdings schon eine Überraschung.“ Die Athletin selbst hatte weiche Knie, als die 70,01 Meter auf der Anzeigentafel erschienen: „Ich habe richtig gezittert“, konnte sie später über ihre Gefühlsregungen lachen.

Die 21 Jahre alte Wurfspezialistin verlieh dem dritten Hammerwurf-Meeting des TV Fränkisch-Crumbach am Pfingstsonntag somit ihre persönliche Note. Dabei hatte sie zuvor mit vier ungültigen Versuchen, die alle links außerhalb des Sektors landeten, eine denkbar schlechte Serie hingelegt. „Ich wollte dann einfach einen schönen Versuch machen. Da werde ich meistens locker, und dann hat es einfach geklappt“.

Umgekehrt lief es bei Betty Heidler von der Frankfurter Eintracht. Die Olympia-Vierte von Athen wuchtete gleich in ihrem ersten Versuch das vier Kilogramm schwere Wurfgerät auf die Siegweite von 71,52 Metern. Damit schob sich die sympathische Athletin mit dem Rotschopf auf Rang vier der aktuellen Weltrangliste. Wichtig für sie aber war etwas anderes: „Ich bin noch nie so gut in eine Saison gestartet. Jetzt ist der Kopf ein bisschen frei.“ Das sagte sie vor allem im Hinblick auf die Norm für die Weltmeisterschaften in Helsinki. Zweimal 69,50 Meter werden hier vom Deutschen Leichtathletik-Verband gefordert.

Eine Weite, die Andrea Bunjes (SV Holtland) salopp als „knackig“ bezeichnete. Die Vorjahressiegerin von Fränkisch-Crumbach war scheiterte an dieser Marke. Im letzten Durchgang kam sie noch auf 68,49 Meter und machte ihre mäßige Serie mit Würfen an die 65 Meter vergessen. „Wenn der letzte Versuch nicht gewesen wäre, hätte ich mich in einem Handtuch vergraben. Jetzt weiß ich aber, dass ich es schaffen kann“, analysierte die Bundeswehrsoldatin anschließend. Nach einem sechswöchigen Lehrgang im Winter „fehlt mir einfach noch ein bisschen die Schnelligkeit“ (Bunjes). Doch bis zu den deutschen Meisterschaften Anfang Juli kann sie sich nun optimal vorbereiten, und „dann klappt dat auch“, verabschiedete sie sich in ihrer norddeutsch-humorvollen Art zu den nächsten Wettbewerben in Halle und Wiesbaden, bei denen sie wieder auf ihre Konkurrentinnen von Fränkische-Crumbach treffen wird.

In diese Wettbewerbe kann Susanne Keil (Bayer Leverkusen) mit ruhigerem Gewissen starten als noch im Vorjahr. Da qualifizierte sich die ehemalige Frankfurterin erst im letzten Moment für die Olympischen Spiele – ein Krimi, „den ich nicht noch mal erleben muss“, gestand sie. Mit ihren 69,84 Metern aus dem ersten Versuch tat sie am Sonntag den ersten Schritt hierzu. Ihr Wechsel von Frankfurt nach Leverkusen zu neuem Trainer und Umfeld scheint sich somit für die ehemalige deutsche Rekordhalterin bezahlt zu machen, denn auch sie war noch nie so gut in eine Saison gestartet.

Drei Frauen also, die bestens die Freiluftepoche begonnen haben, obwohl Bundestrainer Deyhle die Terminplanung im Vorfeld als ungünstig bezeichnet hatte. Haben die Athletinnen ihn nun lügen gestraft? „Nein, ich wusste, dass sie das drauf haben. Trotzdem haben wir eine sehr lange Zeit bis Helsinki zu überbrücken. Und wir konnten wegen des Wetters bisher nur suboptimal trainieren.“ Dass er nun gleich drei Athletinnen im Ring hat, die bereits die Hälfte der Norm erfüllt haben, freute den ruhigen Übungsleiter umso mehr: „Das war ein perfekter Einstieg, besser kann es kaum laufen“.

Mit Andrea Bunjes dürfte nächstes Wochenende in Halle die vierte seiner Damen das Ziel erreichen, sodass es dann bei den nationalen Titelkämpfen in Bochum/Wattenscheid zum Herzschlagfinale um die drei Startplätze für die WM kommen dürfte. Dass sowohl Heidler als auch Klaas dann schon an den U 23-Europameisterschaften in Erfurt teilgenommen haben und wohl im Vorderfeld gelandet sein werden, geriet dabei ebenso zur Nebensache wie die anderen Wettkämpfe an diesem Tag. Die vier großen Damen des Hammerwerfens, die ihre Disziplin in jeder Hinsicht bestens nach außen vertreten, stahlen den restlichen Vertretern ihrer Kunst die Show.

Dabei hatten auch die Nachwuchskräfte gute Leistungen anzubieten. Dies freilich erst, nachdem der morgendliche Regen den Organisatoren einige Kopfschmerzen bereitet hatte. „Um 7 Uhr haben auf der Wiese einige Enten gebadet“, schilderte OK-Chef Peter Falter seinen ersten Eindruck von der Wettkampfstätte. Doch pünktlich zum Beginn der Veranstaltung, blieb es trocken.

So nutzten die A-Jugendlichen Johanna Hoppe (TV Langen/58,72) und Melanie Motzenbäcker (MTG Mannheim/57,71) die guten äußeren Bedingungen, um die Norm für die U 23-Europameisterschaften zu erfüllen. Lokalmatadorin Katrin Falter (Fränkisch-Crumbach/LG Eintracht Frankfurt) erreichte in dem stark besetzten Feld 51,76 Meter und Rang fünf. Ihre Trainingskollegin Alexandra Raab (LG Ried) wurde in der weiblichen Jugend B mit 47,04 Metern Dritte, Lisa Held (TV Bürstadt/37,35) kam hier auf Platz sechs.

Eine kleine Enttäuschung für Veranstalter und Zuschauer war, dass Karsten Kobs, der Weltmeister von 1999, wie im vergangenen Jahr kurzfristig seine Startzusage bei den Männern zurückzog und nicht am alten Sportplatz erschien. Damit war der Weg frei für Markus Esser (Bayer Leverkusen), der bei seinem dritten Start in Fränkisch-Crumbach auch seinen dritten Sieg einfuhr. Dass er mit 79,04 Metern persönliche Bestleistung erzielte und damit Rang sieben der Jahresweltbestenliste einnimmt, war der passende Schlusspunkt unter eine Veranstaltung, die aus dem Terminkalender der Hammerwerfer nicht mehr wegzudenken ist. Egal wie früh im Jahr sie stattfindet.

Markus Philipp
17.5.2005